Kapitalverkehr: Internationaler Kapitalverkehr

Kapitalverkehr: Internationaler Kapitalverkehr
Kapitalverkehr: Internationaler Kapitalverkehr
 
Internationale Faktorwanderungen, d. h. die internationale Mobilität von Kapital und Arbeitskräften, stellen neben dem internationalen Handel eine weitere Verflechtung der Weltwirtschaft dar. Die Unterscheidung von autonomen und induzierten Kapitalbewegungen ist wichtig für die Beurteilung der Entwicklung der Zahlungsbilanz. Die induzierten Kapitalbewegungen sind dabei die monetären Gegenbuchungen der in den anderen Teilbilanzen erfassten Handelstätigkeiten sowie der in der Übertragungsbilanz erfassten Transaktionen; diese Kapitalbewegungen entsprechen dabei immer einem Nettokapitalex- oder -import, also einer Veränderung der Auslandsposition einer Volkswirtschaft. Autonome Kapitalbewegungen hingegen werden ihrer selbst wegen durchgeführt und bilden lediglich Veränderungen der Zusammensetzung von Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland ab. Hierbei handelt es sich um internationale Kreditgeschäfte, Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen.
 
Kreditgeschäfte sind hauptsächlich Handelskredite der Unternehmen und Finanzkredite der Banken. Nach dem Grad der Beteiligung an einem bestimmten Unternehmen wird in den Statistiken differenziert zwischen Portfolio- und Direktinvestitionen. Beide werden ausschließlich von Privaten (Kreditinstituten, Unternehmen und Privatpersonen) getätigt. Der öffentliche internationale Kapitalverkehr durch die Regierung oder Zentralbank resultiert dagegen im Wesentlichen aus Interventionen, Beteiligungen an internationalen Organisationen, Entwicklungshilfe und -krediten.
 
Kapitalbewegungen mit einer Laufzeit von unter einem Jahr zählen als kurzfristiger, solche mit längerer Laufzeit als langfristiger Kapitalverkehr. Da eine derartige Unterscheidung jedoch zunehmend ökonomisch fragwürdig geworden ist, wird in der Kapitalbilanz seit 1995 diese Trennung nicht mehr vorgenommen.
 
 Internationale Direktinvestitionen
 
Direktinvestitionen im Ausland bzw. ausländische Direktinvestitionen im Inland sind Kapitalanlagen zur Gründung oder zur Beteiligung mit unternehmerischer Verantwortung an Unternehmen, Produktionsstätten oder Niederlassungen. Die zahlreichen Motive für internationale Direktinvestitionen sowie der Prozess der Multinationalisierung werden in der Theorie multinationaler Unternehmen analysiert. Mit Produktionsverlagerungen ins Ausland wollen Unternehmen u. a. Handelshemmnisse umgehen, von geringeren Lohnkosten im Ausland profitieren sowie Absatz- und Bezugsmärkte sichern.
 
In Kapital exportierenden Ländern bestehen häufig Ängste vor dem Verlust von inländischen Arbeitsplätzen, während ausländische Direktinvestitionen meist begrüßt werden, da sie als ein Maß für die Attraktivität einer Volkswirtschaft als Unternehmensstandort gelten. Tatsächlich werden aber viele Investitionen in Ländern getätigt, mit denen eine starke Handelsintegration vorherrscht. Nicht jede Investition zieht daher einen Verlust an Arbeitsplätzen im Inland nach sich. Neuere Studien ergeben, dass Direktinvestitionen eher komplementär zu Exporten wirken, sie also verstärken. Damit wirken sie positiv auf die inländische Wirtschaftsentwicklung. Insbesondere bei den hochtechnologischen Gütern ist eine zunehmende Internationalisierung des Produktionsprozesses zu beobachten, was mit einem weltweit steigenden Intrafirmenhandel verbunden ist.
 
 Internationale Portfolioinvestitionen
 
Portfolioinvestitionen unterscheiden sich im Wesentlichen von Direktinvestitionen dadurch, dass sie kein unternehmerisches Ziel verfolgen, sondern aus Renditegesichtspunkten getätigt werden. Internationale Finanzmarkttitel werden hierbei durch einen Risiko- und Renditevergleich in einem optimalen Portfolio zusammengestellt. Da in einem einheitlichen Währungsraum wie der Europäischen Währungsunion Wechselkursschwankungen wegfallen, sind in- und ausländische Finanzmarkttitel sogar weitgehend vollkommene Substitute. Dies kann nur noch aufgrund eines höheren politischen Risikos in einigen Ländern beeinträchtigt werden.
 
 Kapitalverkehrsbeschränkungen
 
Aus wirtschaftspolitischer Sicht ist internationale Kapitalmobilität insoweit positiv zu beurteilen, als sie eine weltweite, effiziente Allokation des Kapitals erlaubt. Dies fördert die internationale Arbeitsteilung und die Dynamik der weltwirtschaftlichen Entwicklung. Kapitalverkehrsbeschränkungen oder Kapitalverkehrskontrollen sind daher in nahezu allen Industrieländern weitgehend abgebaut. Der Versuch insbesondere von Entwicklungsländern, Kapitalbewegungen dennoch zu beschränken, zielt darauf ab, die heimische Wirtschaft vor den schädlichen Wirkungen spekulativer Kapitalbewegungen oder dem Abfluss von investivem Kapital zu schützen. Zu solchen Maßnahmen gehören u. a. die Beschränkung von Kapitalabflüssen, die finanzielle Belastung von Kapitalbewegungen durch steuerliche Eingriffe, die protektionistische Genehmigungspflicht oder Begrenzung von Direktinvestitionen und insbesondere die Einschränkung der Konvertibilität einer Währung.

Universal-Lexikon. 2012.

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